Deutsche Minderheit in Rumänien
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Mehrere zeitlich versetzte Einwanderungsströme brachten deutsche Siedler auf das Gebiet des heutigen rumänischen Staates.
Bereits im Mittelalter zogen Deutsche in die Region Siebenbürgen, die damals zum Königreich Ungarn gehörte, in der Neuzeit ein eigenes Fürstentum bildete und ab 1690 in die Habsburgermonarchie integriert wurde. Sie sollten hier das Land wirtschaftlich erschließen helfen und sich an dessen Verteidigung beteiligen. Das reichhaltige kulturelle Erbe der Siebenbürger Sachsen, allen voran die zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärten Kirchenburgen, bezeugt die lange Tradition der deutschen Siedler im Karpatenbecken.
In der Neuzeit ließen sich in weiteren Regionen des heutigen Rumänien (Banat, Sathmar, Bukowina, Dobrudscha u.a.) Deutsche nieder, zum Teil gerufen von den Habsburgern, um zum Landesaufbau nach den verheerenden Türkenkriegen beizutragen. Die im Banat beheimateten Deutschen gehören zu der großen Gruppe der Donauschwaben. Dazu gehören u.a. die Sathmarer Schwaben, die Bessarabiendeutschen, die Dobrudschadeutschen, die Bukowinadeutschen, die Oberwischauer Zipser, die Landler, die bis zum Ende des Ersten Weltkrieges unterschiedlichen Staaten angehörten (Österreich-Ungarn, Königreich Rumänien, Russland, Osmanisches Reich). Erst infolge der Neuordnung Europas auf der Pariser Friedenskonferenz (und der sog. Pariser Vorortverträge) entstand die nunmehr so bezeichnete rumäniendeutsche Minderheit, die erst allmählich ein Gemeinschaftsgefühl entwickelte. Im Januar 1945 wurden die arbeitsfähigen Angehörigen der deutschen Minderheit zur Zwangsarbeit ("Wiederaufbauarbeit") in die Sowjetunion deportiert; viele wurden danach in die damalige sowjetische Besatzungszone Deutschlands entlassen. Die Zusammenführung der durch diese Ereignisse auseinandergerissenen Familien durch Freikaufaktionen der Bundesrepublik Deutschland führte zu einer steigenden Zahl von Aussiedlern. Nach der politischen Wende von 1989/1990 erfolgte eine starke Steigerung des Aussiedlerzuzugs von Rumäniendeutschen, so dass die Zahl der deutschen Minderheit in Rumänien stark zurückgegangen ist. Nach dem Ergebnis der Volkszählung 2011 leben heute noch knapp 40.000 Angehörige der deutschen Minderheit in der Republik Rumänien.
In Ihrer Organisationsform unterscheiden sich die Rumäniendeutschen von den übrigen deutschen Minderheiten in Mittelost- und Osteuropa. Das Demokratische Forum der Deutschen in Rumänien (DFDR) ist die zentrale Selbstorganisation der Minderheit und gliedert sich in regionale und örtliche Foren und ist in allen Siedlungsgebieten der Rumäniendeutschen vertreten. Das DFDR, wird nach dem rumänischen Parteiengesetz als politische Partei behandelt und hat insbesondere bei Kommunalwahlen, gemessen an der Größe der Minderheit, überdurchschnittlich hohe Erfolge erzielt. Dieses Sonderrecht garantiert dem DFDR auch einen Abgeordnetensitz im rumänischen Parlament. Auch für die deutsche Regierung ist im Rahmen ihrer Politik der Förderung der deutschen Minderheit das DFDR der zentrale Ansprechpartner. Die Wahl von Klaus-Werner Johannis, langjähriger Bürgermeister von Hermannstadt und DFDR-Vorsitzender, zum Staatspräsidenten Rumäniens im Jahr 2014 und seine Wiederwahl 2019 stellen eindrücklich das hohe Ansehen der deutschen Minderheit in den Reihen der Mehrheitsgesellschaft unter Beweis.
Grundlage der Zuwendung an die Rumäniendeutschen ist der Vertrag vom 21. April 1992 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Rumänien über freundschaftliche Zusammenarbeit und Partnerschaft in Europa. Die Leistungen des Bundesministeriums des Innern erstrecken sich vor allem auf humanitäre Maßnahmen. In fünf Altenheimen und zwei Sozialstationen in den Regionen Siebenbürgen, Banat und Sathmar werden Angehörige insbesondere der Erlebnisgeneration aus den Reihen der deutschen Minderheit gepflegt.
Gemeinsam mit dem Auswärtigen Amt und der Beauftragten für Kultur und Medien unterstützt das BMI die deutsche Minderheit bei der Pflege und dem Erhalt ihres kulturellen Erbes. Der Revitalisierung des Schulwesens in der Sprache der deutschen Minderheit wird dabei ein besonderes Augenmerk verliehen. Fünf Wirtschaftsstiftungen versorgen Landwirte, Handwerker und Gewerbetreibende mit Kleinkrediten. Zur gemeinsamen Organisation und Koordinierung dieser Zuwendungen beraten sich Vertreter beider Regierungen einmal jährlich während der Deutsch-Rumänischen Regierungskommission. 2019 fand im siebenbürgischen Hermannstadt bereits die 22. Sitzung statt.