Deutsche Minderheiten in Staaten der ehemaligen Sowjetunion

Typ: Artikel

In den souveränen Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion leben heute schätzungsweise noch rund 650.000 Angehörige der deutschen Minderheiten.

Bis zur politischen Wende Ende der 1980er Jahre bekannten sich etwa 2 Millionen Bürger der Sowjetunion zu ihrer deutschen Abstammung. Zum überwiegenden Teil sind dies Nachfahren der vor 200 bis 250 Jahren auf Einladung russischer Zaren aus deutschen Teilstaaten eingewanderten Landwirte, Handwerker und anderer Fachkräfte. In ihren heutigen Lebensräumen sind sie als nationale Minderheit anerkannt. Ihre aktuelle Situation – Migrationsbewegungen, Selbstidentifikation, gemeinschaftliche Verfassung, Sprachsituation – ist auch heute noch von den Auswirkungen des Zweiten Weltkrieges nachhaltig geprägt.

Warum unterstützt die Bundesrepublik Deutschland die Deutschen in den Staaten der ehemaligen Sowjetunion?

Die Deutschen in der ehemaligen Sowjetunion haben durch Vertreibung und Verbannung, Unterdrückung und Repression während und noch lange nach Ende des Zweiten Weltkriegs ein besonders schweres Schicksal erlitten. Vor dem Hintergrund der besonderen Verantwortung Deutschlands für den Zweiten Weltkrieg und seine Folgen ist es der Bundesregierung daher ein wichtiges Anliegen, dieser Gemeinschaft bei der Bewältigung ihres besonderen Kriegsfolgenschicksals zu helfen.

Obwohl die deutsche Minderheit in der frühen Sowjetunion fest verwurzelt und als nationale Minderheit etabliert war, geriet sie in Folge der Kriegshandlungen Deutschlands gegen die Sowjetunion im Zweiten Weltkrieg unverschuldet unter den pauschalen Verdacht staatlicher Illoyalität. Dies hatte tiefgreifende Repressionsmaßnahmen zur Folge. Selbst nach der allmählichen Lockerung der staatlichen Maßnahmen nach dem Ende des Stalinismus ab 1955 war die deutsche Minderheit in der Sowjetunion weiterhin Anfeindungen und Repressionen ausgesetzt. Erst seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion ist es der Bundesregierung möglich, der deutschen Minderheit die dringend benötigte Hilfe im größeren Umfang zukommen zu lassen. Wer nach Deutschland ausreisen wollte und die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt, kann seitdem hier dauerhaft Aufnahme finden. Diejenigen, die in den Herkunftsgebieten bleiben wollen, können dort die notwendige Unterstützung aus Deutschland erhalten.

Die deutsche Minderheit als Bestandteil und Partner im zivilgesellschaftlichen Dialog

Galt es zunächst, den Deutschen in den Herkunftsgebieten mit gezielten Hilfsmaßnahmen in erster Linie eine wirtschaftliche Lebensperspektive zu eröffnen, so konnten die Förderschwerpunkte in den Folgejahren entsprechend den politischen Entwicklungen angepasst werden. Die Bindung an die deutsche Sprache und die dauerhafte Sicherung ihrer kulturellen Identität sind für die Angehörigen der deutschen Minderheit allerdings bis heute von essentieller Bedeutung. Dabei bildet das gemeinsam erlittene Kriegsfolgenschicksal ein wesentliches Merkmal der eigenen Identität. Neben der Verbesserung ihrer Lebens- und Zukunftsperspektiven fördert die Bundesregierung daher Maßnahmen zur Wahrung und Stärkung ihrer Identität. Sie unterstützt den Aufbau zukunftsfähiger Selbstorgansiationen, mit denen die jeweilige deutsche Minderheit die Möglichkeit erhält, die Gesellschaft ihres Landes aktiv in ihrem Sinne mitzugestalten.

Heute bietet die jeweilige deutsche Minderheit als bikulturelles Bindeglied eigener Prägung besondere Chancen zur Entwicklung kultureller Brücken und Netzwerke sowie zum Aufbau dauerhafter zivilgesellschaftlicher Verbindungen in die ehemaligen Sowjetrepubliken.